Richard Strauss

Wir Deutschen sind nicht nur das Volk der Dichter und Denker, sondern auch das Volk der Tondichter. Selbige werden daher auch gefeiert, um ihre Meisterwerke in Erinnerung zu halten. Heute hat unser Richard Strauss Geburtstag. Er wurde nämlich 1864 in München geboren und sein Wirken zeigt, daß unsere deutsche Kultur – allen Unkenrufen Oswald Spenglers zum Trotz – zur Zeit der Aufrichtung der amerikanischen Fremdherrschaft noch in höchster Blüte stand. Weshalb es Grund zur Vermutung gingt, daß deren scheinbarer Niedergang der gewaltsamen Unterdrückung und künstlichen Zersetzung durch die Amerikaner geschuldet ist und zur Heilung daher die Abschüttelung der amerikanischen Fremdherrschaft genügen würde… Doch zu unserem Richard Strauss: Neben dem heimischen München wirkte er auch in Wien und Berlin. Unser Tondichter fand auch Zeit für die Begründung einer Familie und heiratete 1894 die Opernsängerin Pauline de Ahna, mit der er den Sohn Franz hatte. Stolze 250 Tondichtungen hat unser Richard Strauß geschaffen und daher sollte ein jeder etwas nach seinem Geschmack für unsere kleine Geburtstagsfeier bei finden können. Ich suche mir jedenfalls seine Oper Guntram heraus: https://www.youtube.com/watch?v=fiWm7654GmQ Wer die Kunst unseres Richard Strauss tiefer verstehen möchte, dem sei Max Steinitzers Buch „Richard Strauss“ ans Herz gelegt: https://archive.org/details/richardstraussb00steigoog

„Ein Novum sind in der Partitur die in der Höhe begleitenden Achtelakkorde von drei Flöten, drei Soloviolinen, Celesta und Harfen, die den Halb- und Ganzschluß der Liebesmelodie auf Dominante und Tonika beim Eintritt des Rosenkavaliers begleiten und bei richtiger Ausführung, also natürlich nicht überall, aber z. B. selbst bei der Erstaufführung in dem kleinen Theater in Basel geradezu atemhemmend, überirdisch schön klangen. Der zum Baß konsonierende Akkord wird dabei jedesmal erst durch den um je einen Halbton höheren und tieferen vorbereitet, motivisch aber erhält der letztere den Akzent, so daß sich für das Ohr ein den Hauptrhythmus umspielender 3/8 Takt ergibt. Das gleiche Motiv wiederholt sich bei dem womöglich noch innigeren zweiten Liebesduett am Ende der Oper. Am 26. Januar 1911 erfolgte an der Dresdener Hofoper die Uraufführung mit Frau von der Osten-Rofrano, Margareta Siems-Marschallin, Perron-Lerchenau, Scheidemantel-Faninal. Schon während der öffentlichen Hauptprobe entfalteten die Berichterstatter eine fieberhafte telegraphische Tätigkeit, bei der freilich da und dort der überspringende elektrische Funke des Verständnisses arg vermißt wurde. Der Erfolg war kein minderer als der von Salome und Elektra. So hatte dort Schuch mit Ausnahme des Guntram, – Weimar 1894, – sämtliche Uraufführungen Straußscher Bühnenwerke geleitet: 1901 Feuersnot, 1905 Salome, 1909 Elektra, 1911 Rosenkavalier. Glänzend bewährte sich die Spielregie des in den letzten Tagen herbeigeholten Reinhardt. Die rasch sich folgenden ersten fünfzig Aufführungen waren ausverkauft. Im Februar ward die Oper in München zum großen Triumph für Strauß, die Sänger, unter denen Hermine Bosetti in der Titelrolle und Bender als Lerchenau hervorragten, für Mottl und das Hoforchester. Dann folgte Mailand, wo die Oper erst nach einigen Vorstellungen glänzend durchdrang; am 4. März ging ein Rosenkavalier Extrazug nach Dresden, um auch den Berlinern Gelegenheit zum Anhören des Werkes ihres Generalmusikdirektors zu geben. Tags darauf errang das Werk im tschechischen Nationaltheater zu Prag jubelnden Erfolg. In Wien schloß sich anfangs April 1911 an die Rosenkavaliervorstellungen eine Reihe von Triumphen: ein Liederabend Franz Steiners mit Strauß als Begleiter und vielen Dakapos, an der Hofoper Elektra unter Leitung des Autors, in der Volksoper Salome unter Zemlinsky. Eine der glänzendsten Etappen in dem Siegeszug der Oper bildete Köln, wo sie bei den Festspielen in der ersten Hälfte des Juni, im wesentlichen mit der Dresdener Besetzung, ihrem Autor und Leiter jubelnden Erfolg brachte. Bei der Aufführung in der Berliner Hofoper unter Dr. Mucks Leitung, mit Frieda Hempel als Marschallin, Artôt de Padilla als Oktavian und Paul Knüpfer als Lerchenau, wurde fast jedes Wort verstanden; man hatte die „bedenklichen“ Stellen in usum delphini gemildert. Es kam hier also, im Gegensatz zu vielen anderen Bühnen, das musikalische Lustspiel in der beabsichtigten Form heraus. Den Abschluß dieser fortlaufenden musikdramatischen Schaffensperiode sollte ein Werk bilden, in dem Strauß sich als den Bühnenautor im eigentlichsten älteren Sinn, als Vokalkomponisten, wiederfindet und hier der Mehrstimmigkeit zum erstenmal auf die einschmeichelndste Art in ausgedehnter Form seinen Tribut zollt, ein Werk, für das trotz des unermeßlichen Klangreizes die Zeit heute noch nicht gekommen scheint, weil äußerliche, fast lediglich betriebstechnische Bedenken, an deren Beseitigung man leider vor der Aufführung nicht dachte, ihm fast überall entgegenstehn, unter anderem schon die Nötigung, Schauspiel- und Opernpersonal an einem Abend gleichzeitig zu beschäftigen. Am 24. April (1912) beendete er nach etwa einjähriger Arbeit die einaktige Oper Ariadne auf Naxos, zu spielen nach Molières Komödie Der Bürger als Edelmann, zu der er auch die farbensprühende heitere Schauspielmusik schrieb: Zwei Vorspiele, Gesangs-, Pantomimen- und Ballett-Einlagen. Die fünf Akte Molières hatte der Textdichter Hofmannsthal in zwei zusammengezogen, wobei die Liebesintrige nebst der nicht mehr zeitgemäßen Verkleidungsburleske wegfiel und nur das mit leise tragischem Unterton versehene Charakterbild des Großkaufmanns und Parvenus Jourdain mit seiner Vorliebe für das äußere Wesen der Edelleute übrigblieb. Statt des Balletts, das sich der Komödie anschloß, dichtete Hofmannsthal den burlesk-lyrischen Einakter Ariadne auf Naxos hinzu, in den er durch eine gleichfalls selbständige höchst geistreiche Dialogszene von der Komödie aus hinüberleitete. Es handelte sich in dem Einakter um die zur szenischen Vertonung in seltenem Maß anreizende Idee Jourdains, da er von der geplanten Vorführung der Oper Ariadne durch ein seriöses Ensemble auf seiner Privatbühne Langeweile fürchtet, gleichzeitig durch die Buffotruppe mit den Typen: Brighella, Skaramuzzio, Harlekin, Truffaldino ihr Gesangs- und Tanz-Intermezzo von der treulosen Zerbinetta spielen zu lassen. Die Ariadnedichtung ist vom Auftreten des Bacchus ab, also im Hauptteil, in erster Linie literarisch. Es bietet einen ganz seltenen Genuß, in stiller Klause die Feinheiten des Stils auszukosten, der sich, derartig absorbierend, bis zur künstlerischen Identifizierung in Geist und Diktion des Goethe vom zweiten Teil Faust und einzelner lyrisch-epischen Antikenszenen hineingelebt hat. Über das Hauptmoment, die „Verwandlung“ Ariadnes durch Bacchus, hat sich der Dichter sehr fein in einem Brief an Strauß ausgesprochen, den man in Leopold Schmidts Almanach für die Musikalische Welt 1912/13 abgedruckt findet. Der Hörer kann das dort ausgeführte nur unbestimmt empfinden, ebenso wie ihm der erste Ausruf des Bacchus hinter der Szene: „Circe, Circe, kannst du mich hören?“ mit seinem im Text wohlvorbereiteten Zusammenhang unplastisch bleiben muß. Dagegen dürfte er bis dahin durch die Flut herrlicher Klänge, die leicht, licht und lieblich auf ihn hereinschlägt, ungefähr in der Stimmung jenes Flitterwochenpaars aus Blumenthals „Weißem Rössel“ gekommen sein, dem außer der seligen Tatsache des Zusammenseins ‚ „alles ganz egal“ ist. Ursprünglich war das Stück für Reinhardts Kammerspiele gedacht, und die Oper selbst sollte nur etwa zwanzig Minuten dauern, sie wurde aber um eine volle Stunde länger, und man entschied sich nicht dafür, ungefähr ebensoviel von der ohnehin verkürzten, aber immer noch allzulangen Komödie Molières zu streichen. Man unterließ, sich zu sagen, daß diese, als auch äußerliches Abbild aktueller Verhältnisse, für die damaligen Pariser unendlich unterhaltender war als für uns, denen ein eigentliches Äquivalent nur durch ein ebenso naturwahres und genial entworfenes Konterfei etwa einer gewissen nord- oder westdeutschen Großindustriellentype von heute geboten werden könnte…“

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